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27.01.2023

Betreiber eines Affiliate-Programms: Zur wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner

Der Betreiber eines Affiliate-Programms haftet nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar.

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform "Amazon" beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten zu 1 betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, so genannten Affiliates, frei, auf der eigenen Webseite Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis. 2019 warb ein Affiliate auf seiner Webseite, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Absatz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zuzurechnen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Absatz 2 UWG liege vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber, so der BGH. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehle es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Absatz 2 UWG.

Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen – hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen –, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, sei die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links würden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren, betont der BGH. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stelle keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten zu 1 dar.

Es fehle im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Absatz 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte zu 1. Der Affiliate werde bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags beziehungsweise der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte zu 1 habe sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern müssen, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 27/22