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16.11.2022

Artikel zu Partei «Der Dritte Weg»: Von Stadt von ihrer Internetseite zu entfernen

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat die Stadt Hilchenbach dazu verpflichtet, den Artikel "Petition übergeben – Kein Platz in Hilchenbach für Rechtsextremismus" von der städtischen Internetseite zu entfernen. Die Beschwerde der Partei "Der Dritte Weg" gegen den ablehnenden Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Arnsberg hatte damit teilweise Erfolg.

Am 05.04.2022 veröffentlichte die Stadt einen Artikel auf ihrer Internetseite, in dem beschrieben wurde, dass ein Hilchenbacher Bürger eine Online-Petition "gegen das Büro einer rechtsextremen Partei in der Hilchenbacher Stadtmitte gestartet" habe. Der "Dritte Weg" habe dort ein Gebäude angemietet und wolle dieses kaufen. Der Initiator der Petition habe (am Tag der Veröffentlichung des Artikels) eine Unterschriftensammlung an den Bürgermeister der Stadt übergeben, der die Sammlung "mit großer Anerkennung" entgegengenommen habe. Der Bürgermeister sei "sehr beeindruckt von dieser Petition und den mittlerweile rund 5.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern". Er äußerte sich in dem Artikel dahingehend, dass "unsere Stadt […] keinen Platz für Rassismus und Intoleranz" habe. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt "alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen" werde, "um das Vorkaufsrecht für das Gebäude auszuüben, wenn der Rat der Stadt Hilchenbach in seiner Sitzung am 6. April einen entsprechenden Beschluss fasst".

Den Eilantrag der Partei, mit dem sie sich unter anderem gegen die Veröffentlichung des Artikels auf der städtischen Internetseite wandte, lehnte das Verwaltungsgericht Arnsberg ab. Die Beschwerde des "Dritten Wegs" hatte insoweit Erfolg. Die in dem Artikel wiedergegebenen Äußerungen des Bürgermeisters griffen in das grundgesetzlich geschützte Recht der Partei auf Chancengleichheit ein, so das OVG. Die Begründung der von ihm in Bezug genommenen Petition verlautbare ein eindeutig negatives Werturteil über den "Dritten Weg", verbunden mit der Zielsetzung, die Aktivitäten der Partei im Stadtgebiet zu erschweren beziehungsweise zu verhindern.

Es sei dem Bürgermeister zwar nicht verwehrt, sich als Amtsinhaber für Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen, betont das OVG. Seine Äußerungen seien aber in der Gesamtschau dahingehend zu verstehen, dass er die Petition und deren explizit gegen die Partei gerichtetes Anliegen jedenfalls im Grundsatz befürwortet und unterstützt. Die so zum Ausdruck gebrachte Unterstützung des Bürgermeisters für das Bestreben, ein Bürgerbüro der Partei in der Stadt zu verhindern, sei geeignet, deren Position im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen. Der Bürgermeister habe damit die rechtlichen Grenzen des Neutralitätsgebots überschritten. Dieses sei zu beachten, obwohl der "Dritte Weg" nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen ein rechtsextremistisches Staats- und Gesellschaftsbild propagiert und sich inhaltlich wie stilistisch weitgehend in die Tradition der Nationalsozialisten stellt. Trotz allem sei der "Dritte Weg" vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten, weshalb sich die Partei auf die durch das Grundgesetz gewährleistete Chancengleichheit und damit das Neutralitätsgebot für Amtsträger berufen könne, so das OVG.

Die weitergehende Beschwerde des "Dritten Wegs" hat das Gericht zurückgewiesen. Die Partei habe keinen Anspruch auf Unterlassung einer anderweitigen Verbreitung des Artikels. Es bestehe keine Gefahr einer Wiederholung des rechtswidrigen Eingriffs, weil die zugrunde liegende Unterschriftenübergabe ein einmaliger Vorgang war und das Anliegen der Petition nunmehr bereits durch die Geltendmachung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts erfüllt ist. Der "Dritte Weg" könne auch nicht beanspruchen, dass die Stadt eine Direktverlinkung auf die Petition unterlässt, weil es insoweit ebenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehlt. Letzteres gilt laut OVG gleichermaßen für den weiter geltend gemachten Anspruch darauf, dass der Bürgermeister es zukünftig unterlässt, sich in Bezug auf die Online-Petition erneut in einer bestimmten Weise zu äußern.

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2022, 15 B 893/22, unanfechtbar