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08.12.2022

Städtischer Garten- und Landschaftsbauer: Mutmaßliche Mitgliedschaft bei den Hammerskins rechtfertigt noch keine Kündigung

Nur, weil er mutmaßlich den Hammerskins angehört, durfte die Stadt Bochum einem bei ihr angestellten Garten- und Landschaftsbauer nicht kündigen. Auch die durch die mutmaßliche Mitgliedschaft des Mitarbeiters bedingte Drucksituation aus der Belegschaft rechtfertige keine Kündigung, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf.

Die Stadt Bochum hatte einem 2005 eingestellten, inzwischen 34-jährigen Garten- und Landschaftsbauer am 02.08.2021 fristlos und hilfsweise ordentlich zum 31.03.2022 gekündigt. Als Grund dafür benannte sie die mutmaßliche Mitgliedschaft des Angestellten in der international agierenden Vereinigung Hammerskins, Division Deutschland, Chapter Westfalen und eine dadurch bedingte Drucksituation aus der Belegschaft. Die Vereinigung wird als konspirative und rassistische, nach ihrem Gedankengut teils neonazistische Kaderorganisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung beschrieben und vom Verfassungsschutz beobachtet.

Zu seiner Mitgliedschaft äußerte sich der Angestellte, der als technischer Sachbearbeiter im Bereich Park- und Grünanlagen eingesetzt war und dessen Arbeitsverhältnis störungsfrei verlief, im Prozess nicht. Gegen das vorausgehende Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Bochum vom 01.12.2021 (3 Ca 997/21) hatten beide Parteien Berufung eingelegt. Das ArbG hatte die Kündigungen zwar für unwirksam erklärt, das Arbeitsverhältnis jedoch auf Antrag der Stadt Bochum durch rechtsgestaltendes Auflösungsurteil zum 31.03.2022 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 30.000 Euro beendet. Dem schloss sich das LAG nunmehr an. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Im Rahmen des im Termin geführten Rechtsgesprächs ließ das LAG erkennen, dass es eine bloße Mitgliedschaft des Angestellten bei den Hammerskins mit Blick auf seine konkreten Arbeitsaufgaben und mangels entsprechender Äußerungen im oder Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis nicht für ausreichend erachtet. Wie vom ArbG angenommen, sei auch die als weiterer Kündigungsgrund bemühte Drucksituation nach Grad und Ausprägung im Einzelfall noch nicht kündigungsrelevant.

Allerdings sei dem Angestellten vorzuhalten, dass sein beziehungsweise das ihm zuzurechnende Verhalten im Prozess die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die beklagte Stadt gleichwohl unzumutbar mache. Dieser hatte der Stadt im Kontext der Kündigung vorausgehender Gespräche über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsauflösung wiederholt vorgeworfen, mit den dort angedachten Vorschlägen über zeitlich befristete Ausgleichszahlungen einen Betrug zulasten anderer öffentlicher Kassen angeregt zu haben – dies sachlich zu Unrecht und ohne erkennbaren Bezug zu einer zulässigen Verteidigung gegen die Kündigungen, so das ArbG. Eine dem Beschäftigungszweck dienliche Zusammenarbeit sei danach nicht mehr zu erwarten.

Dem schloss sich das LAG im Ergebnis an.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 06.12.2022, 17 Sa 139/22