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02.03.2023

Flug kurzfristig annulliert: Airline zu Entschädigung und Schadenersatz verpflichtet

Eine Fluggesellschaft muss, nachdem sie einen Flug lediglich einen Tag vor dem geplanten Abflug annulliert hat, ohne einen Ersatzflug anzubieten, der betroffenen Familie eine Entschädigung für die annullierten Flüge und Ersatz für die kurzfristig gebuchten Ersatzflüge leisten. Dies hat das Landgericht (LG) Köln entschieden.

Der Kläger buchte für sich und seine Familie bei der Beklagten, einer deutschen Fluggesellschaft, für den 27.07.2022 einen Flug in der Economy Class von Frankfurt am Main nach Los Angeles. Einen Tag vor der geplanten Abreise annullierte die Beklagte den Flug, ohne eine Ersatzbeförderung anzubieten. Für den 27.07.2022 waren kurzfristig Streiks unter anderem des Bodenpersonals am Frankfurter Flughafen angekündigt worden. Auf eine per Chat bei der Beklagten gestellte Anfrage nach Flugalternativen für den 27.07.2022 erklärte diese, es seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Alternativen zu dem Flug verfügbar, es solle eine andere Option gewählt oder ein späterer Versuch unternommen werden. Der Kläger musste sich daraufhin selbst um einen Ersatzflug bemühen. Für ihn und seine Familie konnte schließlich eine Flugverbindung mit einer anderen Fluggesellschaft in der Business Class zum Preis von umgerechnet rund 20.850 Euro gebucht werden. Der Kläger begehrt Ersatz dieser Kosten sowie Ausgleichzahlungen in Höhe von weiteren 2.400 Euro.

Das LG Köln hat dem Antrag entsprochen. Die begehrte Ausgleichszahlung stehe dem Kläger nach Artikel 7 Absatz 1 lit. c) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 lit. c) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 zu. Die Voraussetzungen lägen vor, da die Beklagte als ausführendes Luftfahrtunternehmen im Rahmen eines Vertrages mit dem Kläger und dessen Angehörigen einen gebuchten Flug nicht durchgeführt und ihn damit im Sinne von Artikel 2 lit. 1) Verordnung (EG) Nr. 261/2004 annulliert habe. Der Kläger sei berechtigt, wegen dieser Annullierung Ausgleichsansprüche für sich und seine Familie, letzteres aus abgetretenem Recht, geltend zu machen. Denn sie seien Fluggäste, die auf einem Flughafen im Gebiet der EU diesen Flug hätten antreten wollen und über eine bestätigte Flugbuchung verfügt hätten. Die Unterrichtung des Klägers sei am Vortag des vorgesehenen Fluges und damit in einem Zeitraum von weniger als zwei Wochen vor der gebuchten Abfahrtszeit erfolgt, ohne dass die Beklagte eine anderweitige Beförderung angeboten habe.

Der Höhe nach belaufe sich der danach bestehende Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Artikel 7 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auf 600 Euro pro Fluggast, da die Entfernung von Frankfurt am Main nach Los Angeles Luftlinie mehr als 3.500 Kilometer betrage.

Des Weiteren könne der Kläger gemäß § 280 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Artikel 12 Absatz 1 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 Schadenersatz in Höhe von weiteren 20.845,62 Euro verlangen. Die Beklagte habe mit der Annullierung ihre Pflicht aus dem Vertragsverhältnis zur Beförderung des Klägers und seiner Angehörigen verletzt, indem sie den Flug annulliert habe, ohne dem Kläger und seinen Angehörigen ein Angebot für eine anderweitige Beförderung nach Artikel 8 Absatz 1 Verordnung (EG) Nr. 261/2004 anzubieten. Diese Pflichtverletzung sei auch schuldhaft. Denn die insoweit darlegungsbelastete Beklagte trage diesbezüglich nichts zu ihrer Entlastung vor. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung habe es nicht bedurft, da die Erklärung der Beklagten, zum damaligen Zeitpunkt seien keine Alternativen zu dem gebuchten Flug verfügbar, verbunden mit der Bitte, eine andere Option zu wählen oder es später noch einmal zu versuchen, als Erfüllungsverweigerung im Sinne des § 281 Absatz 2 BGB zu sehen sei.

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers oder seiner Angehörigen im Sinne des § 254 BGB sei für das Gericht nicht erkennbar. Dem stehe nicht entgegen, dass der gebuchte Ersatzflug in der Business Class und damit höherwertig erfolgt sei, als der bei der Beklagten gebuchte Flug in der Economy Class. Der Kläger habe dargetan, dass für ihn und seine Angehörigen nur die gebuchte Flugverbindung bei der anderen Fluggesellschaft verfügbar gewesen sei und dort auch nur noch ein einziger Platz in der Economy Class zur Verfügung gestanden habe, während für vier Personen nur noch Plätze in der Business Class vorhanden gewesen seien. Die Aufteilung der Familie des Klägers dahingehend, dass ein Familienmitglied in der Economy Class, die anderen drei Personen in der Business-Class transportiert würden, sei für den Kläger und seine Familie unzumutbar. Dass eine anderweitige günstigere Flugverbindung vorhanden gewesen sei, sei von der Beklagten, nicht dargetan. Hiergegen spreche auch, dass die Beklagte sich selbst nicht in der Lage gesehen habe, dem Kläger und seinen Angehörigen eine anderweitige Ersatzverbindung anzubieten.

Landgericht Köln, Entscheidung vom 09.02.2023, 30 0 270/22, nicht rechtskräftig